Fettstoffwechselstörungen
im Alter:
Zwei Drittel sind genetisch bedingt
Von
Karl
Heinz Bleß
Wie geht man mit hohem Cholesterin im Alter um? Dieser
Frage
ging Professorin Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen von der
Universität Charité
in Berlin in einem Vortrag ein, den sie im Rahmen einer
Ärztefortbildung in der Kirchberg-Klinik hielt. Die Medizinerin
erforscht speziell
die altersbedingten Stoffwechselstörungen bei Menschen zwischen 70
und 105
Jahren.
Herzinfarkt
und Schlaganfall sind
medizinische Störfälle,
die besonders im Alter auftreten. Dieses sei nicht verwunderlich, so
die
Referentin, weil diese Symptome den Endpunkt einer langen Erkrankung
bilden. Während
Menschen gleich nach der Geburt biologisch fast die gleichen
Lebensvoraussetzungen haben, bilden sich die Unterschiede erst im Laufe
des
Lebens heraus. Dabei sind nach ihrer Einschätzung etwa zwei
Drittel genetisch
bedingt und nur ein Drittel durch Lebensstil, Ernährung, Bewegung
und soziales
Umfeld beeinflussbar. Doch wenn man dieses eine Drittel ernst nehme,
könne man
deutlichen Einfluss auf die Lebensqualität im Alter nehmen. Dieses
müsse aber beim jungen Menschen
beginnen.
Je älter ein Mensch sei, desto weniger Einfluss
könne er auf seinen Gesundheitsverlauf nehmen. Deshalb sollte die
Therapie von
Risikofaktoren auch möglichst früh beginnen.
Ausführlich ging die Professorin
bei den Blutfettwerten
auf
das Cholesterin ein, einem
lebenswichtigen Baustoff für die Zellen. Die
Konzentration und das Verhältnis der einzelnen Fettstoffe muss
stimmen. So
unterscheidet man zwischen dem „schädlichen“ Cholesterin LDL,
welches das
Risiko für Herzerkrankungen erhöht, und dem „guten“
Cholesterin HDL. Warum
ältere Menschen anfälliger sind für zu hohen LDL-Spiegel
erklärte sie damit,
dass offenbar mit zunehmenden Alter die Zahl der Rezeptoren, die
dafür
verantwortlich sind, dass LDL in die Zellen des Körpers gelangt,
um dort
umgewandelt zu werden, geringer wird. Deshalb können ältere
Menschen das
schädliche Cholesterin (LDL) schlechter aus dem Blut in die Zellen
„holen“. Mit
zunehmendem Alter kann ein älterer Mensch immer weniger
LDL-Cholesterin
vertragen, das die Blutgefäße schädigen kann. In
früheren Zeiten, als es eher
Nahrungsmangel als -überfluss gab, traten deshalb Probleme mit zu
hohem
Cholesterin-Spiegel deutlich seltener auf. Eine weitere Rolle spielen Triglyzeride,
ebenfalls Fettstoffe, bei denen das Verhältnis zu den
Cholesterinarten wichtig ist.
Diese Fette werden über die Nahrung dem Körper zugeführt.
Die Professorin riet ihren ärztlichen Kolleginnen
und
Kollegen, beim Patientengespräch
auch eine vermeintlich geringe Senkung
des
LDL-Spiegels durch Ernährungsumstellung anzuerkennen, denn mehr als 10 bis
15
Prozent sei dadurch kaum zu schaffen. Weitere Schritte könnten nur
über
Medikamente erfolgen. Dabei stellte sie ausführlich verschiedene
Wirkstoffe
vor, die in den vergangenen Jahren deutlich verbessert worden seien.
Zudem
ermahnte sie die Ärztinnen und Ärzte: „Gute Medizin
benötigt auch gutes
Medizinwissen und deshalb auch gute Medizinberatung. Dabei wird man auf
jeden
Menschen anders eingehen müssen, damit er es versteht.“ Die
Zusammenhänge seien
für medizinische Laien sehr kompliziert. Aber es lohne sich, weil
Folgeerkrankungen hinausgezögert und die Lebensqualität der
älteren Menschen
damit erhöht werden könne.
|